Bindungsangst – 6 klare Schritte, um sie zu überwinden (+ Ursachen und Test!)

„Ich will ihr nah sein, ziehe mich aber zurück. Ich will ihr sagen, dass ich sie liebe, vermeide es aber meistens. Ich beginne Ausreden zu suchen, warum ich nicht bei ihr sein kann, vermisse sie aber, wenn ich alleine bin.“

So beschreibt ein Betroffener seine Bindungsangst.

Bindungsangst oder Beziehungsangst hat unterschiedliche Facetten und kann sich in verschiedenen Formen ausdrücken. Welche genau das sind, wie Bindungsangst entsteht und wie du sie überwindest, das erfährst du in diesem Artikel.

Wie entsteht Bindungsangst?

Bindungsangst Symptome

Wie bei anderen negativen Ausprägungen (z. B. Narzissmus, ein geringes Selbstwertgefühl), die mit Bindungsängsten Hand in Hand gehen können, kann der Ursprung oftmals in der Kindheit verortet werden.

Dabei kann vor allem ein gestörtes Mutter-Kind-Verhältnis als ursächlich betrachtet werden. Aber auch schwierige Erfahrungen, wie die Trennung der Eltern oder anderweitige Verletzungen, die zu einem Vertrauensverlust geführt haben, können Bindungsängste entstehen lassen.

Wer als Kind zu sehr geschützt und behütet wurde, kann genauso unter Vertrauensproblemen leiden, wie jemand, der vernachlässigt wurde.

In jedem Fall hat der Betroffene irgendwann erfahren müssen, dass blindes Vertrauen zu schmerzhaften Verletzungen führen kann.

Zusammenfassung des Artikels in Videoform:

Woran erkennst du, ob du unter Bindungsangst leidest?

Beziehungsangst

Es gibt zwei Arten von Bindungsangst. Die ängstliche und den vermeidende Bindungsangst. Bei der ersteren steht die Angst, verletzt zu werden im Vordergrund. Und bei der letzteren die Angst vor dem Verlust der Freiheit und Selbstständigkeit.

Die Anzeichen können unterschiedlich ausfallen oder auch identisch sein. Schau dir die nachfolgenden Punkte an und überprüfe für dich, ob du von ihnen betroffen bist.

1. Der Partner wird auf Abstand gehalten

Unter einer Bindungsangst zu leiden, bedeutet nicht gleich, niemals eine Beziehung einzugehen. Sondern dass Verhalten innerhalb und außerhalb einer Paarbeziehung spielt die entscheidende Rolle.

So können Menschen mit Bindungsangst zwar eine Beziehung eingehen, halten den Partner aber immer auf einer gewissen Distanz. Sie trauen sich nicht, sich zu öffnen und wirklich zu offenbaren. Außerdem tun sie immer wieder Dinge, um den Partner auf Abstand zu halten. Zum Beispiel durch unnötige Provokation, grundlose Vorwürfe oder immer neuen Versuchen, einen Streit vom Zaun zu brechen.

2. Durch Rückzug

Weiterhin kann es sein, dass der Betroffene sich innerhalb einer Beziehung immer wieder zurückzieht und übertriebene Freiheitsansprüche geltend macht. Das kann auch in Flucht in Arbeit, Hobbys oder andere Beschäftigungen ausarten.

Der Betroffene sieht sich durch Nähe bedroht, was zu panischen Symptomen führen kann. So können Herzrasen, Schweißausbrüche, ängstliche Gedanken, Tunnelblick und andere für eine Panikattacke typischen Symptome entstehen.

Darauf wird logischerweise mit Rückzug reagiert.

3. Plötzliche Trennung

Genauso kann es sein, dass ein unter Bindungsangst leidender eine bestehende Beziehung ohne Vorankündigung und aus heiterem Himmel beendet. Auch dieses Verhalten kann wieder als Flucht aus Angst gedeutet werden.

Denn der Betroffene tut unbewusst alles dafür, um diese Angst zu vermeiden.

4. Verlieben in Unerreichbare

Ein weiteres Symptom von Bindungsangst ist das immer wieder Verlieben in Unerreichbare, wie Verheiratete oder weit entfernte Personen.

Auch hier spiegelt sich das typische Verhalten wieder. Denn es wird wieder versucht, Nähe zu erreichen und gleichzeitig keine wirkliche Bindung aufzubauen.

5. Vermeidung körperlicher Nähe

Befindet sich der Betroffene bereits in einer Beziehung kann die Bindungsangst dazu führen, dass er körperliche Nähe (Berührungen, Küssen, etc.) meidet. Wieder tut er alles dafür, den Verletzungen, die bei einer solchen Nähe entstehen können, aus dem Weg zu gehen.

6. Mangelndes Verantwortungsgefühl

Weiterhin übernehmen Bindungsängstliche keine Verantwortung, vor allem nicht für andere. In einer bestehenden Partnerschaft treten dadurch viele Verhaltensweisen zutage, die das Ziel ansteuern, Verantwortlichkeiten gegenüber etwas oder jemanden zu vermeiden.

Das kann sich zum Beispiel so äußern, dass Kinderwünsche nicht erfüllt werden, finanzielle Engpässe an der Tagesordnung stehen oder keine verbindlichen Zusagen gemacht werden.

7. Vermeidung gemeinsamer Ziele

Außerdem weigern sich Betroffene, sich auf gemeinsame Ziele für die Zukunft einzulassen. Auch hier tun sie alles dafür, sich zu nichts zu verpflichten. Denn das könnte sie einengen und unter Druck setzen, was die Angst wieder verstärken würde.

8. Angst vor Freiheitsverlust

Wer vor allem unter vermeidender Bindungsangst leidet, hat Angst, seine Selbstständigkeit und Freiheit innerhalb einer Beziehung zu verlieren. Deswegen wird sich gar nicht erst auf eine Beziehung eingelassen.

9. Generell Probleme mit Vertrauen zu anderen Menschen

Das Vermeiden von Nähe, Bindung und Vertrauen muss nicht allein auf partnerschaftliche Ebene stattfinden, sondern kann auch dazu führen, dass der Betroffene generell Schwierigkeiten damit hat, Freundschaften aufzubauen.

Er tut sich schwer mit sozialen Kontakten und damit, anderen Menschen zu vertrauen.

10. Ein niedriges Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen

Probleme mit dem Selbstwertgefühl und dem Vertrauen in sich selbst kann auch hier oftmals diagnostiziert werden. Denn Menschen, die von Beziehungsangst betroffen sind, haben entweder nie gelernt, was es heißt zu vertrauen oder wurden so schwer verletzt, dass die Angst vor erneuter Verletzung überwiegt.

Im folgenden Video erfährst du mehr dazu, wie du dein Selbstvertrauen stärken kannst:

11. Ausreden

Bindungsangst erkennt man häufig in Ausreden, wie zum Beispiel:

„Ich bin einfach Beziehungsunfähig.“

„Ich verliebe mich immer in die Falschen.“

„Ich brauche einfach meinen Freiraum.“

„Ich möchte einfach nur Spaß haben und keine feste Beziehung eingehen.“

Entscheidend dabei ist, zu erkennen, dass es sich um Ausreden handelt. Denn wer immer wieder Gründe für etwas findet, wird sich auch immer wieder selbst bestätigen.

Die Ausreden sind dabei auch nur ​Symptome der Bindungsangst, die die Angst vor Bindung und Nähe verschleiern.

12. Ständige Unsicherheit

Weiterhin schwebt der Betroffene in ständiger Unsicherheit. Er zweifelt an bestehenden Beziehungen, stellt alles infrage und überlegt, ob es nicht eine bessere Beziehung für ihn gäbe. Immer wieder plagen ihn Gedanken der Trennung und er sucht immer wieder nach Problemen. Er ist sich selbst und seiner Entscheidungen nicht sicher und hat dadurch ein ständiges Unruhegefühl.

Leidest du unter Unsicherheit? Hier erfährst du, wie du deine Selbstsicherheit steigern kannst: Selbstsicherheit trainieren​ - 8 ungewöhnliche Tricks (fuktioniert!)

Der Bindungsangst Test: Bist du betroffen?

Verlustangst


6 Schritte, um deine Bindungsangst zu überwinden

Bindungsangst Frau

Glaubst du, dass du an Bindungsangst leidest? Dann halte dich an die folgenden Schritte, um ihr zu begegnen:

1. Gestehe dir ein, dass du Beziehungsangst hast

Der erste Schritt, um an deiner Situation etwas ändern zu können, besteht darin, dir selbst einzugestehen, dass du unter Bindungsangst leidest. Das ist die Voraussetzung, um überhaupt etwas verändern zu können.

Denn nur wer sein Problem erkennt, kann es auch lösen.

2. Entlarve deine Vermeidungsstrategien

Welche der oben aufgeführten Symptome und Verhaltensweisen kommen dir bekannt vor? Von welchen würdest du sagen, dass sie auf dich zutreffen?

Überlege dir ganz genau, wovor du Angst hast und was du vermeiden möchtest! Jedes Mal, wenn du ab jetzt versuchst, Nähe zu vermeiden, frage dich:

Wovor genau habe ich Angst?

Erforsche deine Gefühle und werde dir über deine Vermeidungsstrategien bewusst. Es hilft dir besonders, wenn du diese Übung schriftlich machst. Das bedeutet, dass du jedes Mal aufschreibst, wenn du eine der oben genannten Verhaltensweisen an den Tag legst.

Dadurch machst du dir dein Verhalten bewusst und es fällt dir leichter, dieses zu ändern. Denn sobald du deine Ängste ergründest, kannst du dich ihnen stellen.

Wie du mit deinen Gefühlen generell besser umgehen kannst, erfährst du auch in diesem Video:

3. Öffne dich deinem Partner

Die Angst vor Nähe lässt du hinter dir, indem du genau diese Nähe zulässt. Öffne dich deinem Partner und erzähle ihm, wie es dir ergeht. Sage ihm, dass du unter Bindungsangst leidest, Angst vor Nähe hast, immer wieder Vermeidungsstrategien an den Tag legst und bereit bist, daran zu arbeiten.

Öffne dich, auch mit dem Risiko, verlassen zu werden. Hier ist es allerdings wichtig, sensibel vorzugehen. Du musst dich nicht gleich ganz hineinstürzen, sondern kannst in kleinen Schritten vorwärtsgehen.

Suche mit deinem Partner immer wieder das Gespräch und rede darüber, was du wirklich fühlst.

Im folgenden Artikel erfährst du auch, wie du gut mit Ängsten umgehen kannst: Angstbewältigung​ - so löst du deine Ängste in 5 Schritten auf

4. Vertraue dich jemandem an

Egal, ob du derzeit in einer Beziehung bist oder nicht, ist es sinnvoll, dich mit deinem Problem jemanden anzuvertrauen. Das kann ein guter Freund, ein Verwandter oder jemand Professionelles sein. Mit jemandem über deine Bindungsangst zu sprechen, hilft dir dabei, diese zu reflektieren, bewusster wahrzunehmen und letztendlich gezielt anzugehen.

Das sollte natürlich jemand sein, von dem du denkst, dass du ihm vertrauen kannst.

Und wenn du generell mehr Vertrauen zu anderen Menschen aufbauen möchtest, findest du hier einige gute Tipps dazu: Vertrauen aufbauen​ - 6 einfache Schritte zu tiefem Vertrauen

5. Arbeite an deinem Selbstvertrauen

Du solltest generell an deinem Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl arbeiten. Denn wenn du das Vertrauen zu dir selbst aufbaust, fällt es dir auch leichter, deinen Ängsten zu begegnen.

Genau dazu habe ich bereits einen umfassenden Kurs entwickelt, den du hier kostenfrei machen kannst:

6. Suche dir Hilfe

Gerade wenn du das Gefühl hast, alleine nicht weiterzukommen, solltest du dir überlegen, professionelle Hilfe oder eine Therapie in Anspruch zu nehmen.

Es spricht nichts dagegen, dich mit jemandem auszutauschen, der Erfahrung auf diesem Gebiet vorweisen kann.

Zusammenfassung

Bindungsangst Mann

Im Gegensatz zur Verlustangst, die durch Klammern geprägt sein kann, zeigt sich die Bindungsangst vor allem durch die Vermeidung von Nähe. Da aber Menschen soziale Wesen sind und ein natürliches Bedürfnis nach Bindung haben, entsteht ein innerer unangenehmer Konflikt.

Um diesen Konflikt zu lösen bedarf es einer ausgeprägten Bewusstwerdung der eigenen Verhaltensweisen und Vermeidungsmuster.

Außerdem ist es notwendig, sein Vertrauen aufzubauen und sich den vorhandenen Ängsten zu stellen.

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